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How to start a demonic cult
and get away with it

Der zweite Band der "Inferno's Forbidden Archives"-Reihe

Trotz ihrer physischen Konstitution, die eigentlich recht robust und unempfindlich gegen viele Empfindungen war, war die Kälte des Winters in Larizas Knochen gekrochen. Um sich aufzuwärmen und ihre Gedanken zu sortieren, hatte sie sich in die Badewanne gelegt. Das warme Wasser umhüllte sie und sie spürte, wie ihre Muskeln sich langsam entspannten. Doch die Sorgen um Layla ließ sie nicht zur Ruhe kommen.

Sie hatte eigentlich vorgehabt, sich für einige Zeit nicht bei Dante blicken zu lassen, doch nun, da sie Layla versprochen hatte, sich Gedanken über ihre Bitte zu machen, war es vielleicht an der Zeit, ihm zu sagen, was zwischen ihnen vorgefallen war – falls Layla das nicht ohnehin schon längst getan hatte, so vertraut, wie die beiden im Moment miteinander schienen. Lariza fühlte sich verloren und von ihren Bedenken bezüglich Layla mitgerissen und vielleicht löste auch das dieses Gefühl der eisigen Taubheit aus, das sich ihrer bemächtigt hatte.

Als Dante ohne Vorwarnung die Tür aufriss, erntete er einen bitterbösen Blick von ihr. Er erklärte sein Auftreten nicht und wedelte nur vor ihrem Gesicht mit einer Zeitung herum, die Lariza ihm nun aus der Hand riss, um die Schlagzeile zu lesen. Sie runzelte die Stirn, ließ die Zeitung achtlos auf die Fliesen fallen und erklärte gelangweilt: „Ich war das nicht.“ Sie setzte sich etwas auf und blies Schaum von ihrer Handfläche in seine Richtung. „Du verbietest mir ja alles, was Spaß macht.“

Dante verschränkte die Arme vor der Brust und machte sicherheitshalber einen Schritt von ihr weg – er hatte keine Lust, am Ende noch ertränkt zu werden. „Jemand lässt junge Menschen verschwinden.“ Er seufzte. „Darunter sind angebliche Jungfrauen.“

Lariza deutete auf das heiße Wasser unter dem Schaum. „Sieht das für dich aus wie Jungfrauenblut?“ Sie räkelte sich genüsslich. „Außerdem ist das solch ein Klischee und es ist heutzutage verdammt schwer, eine gute Jungfrau zu finden“, fügte sie hinzu. Die Vampirin lehnte sich über den Rand der Wanne, um die Zeitung abermals zu ergreifen und den Artikel dieses Mal genauer zu studieren. „Wie immer ist die staatliche Gewalt vollkommen nutzlos.“ Sie zuckte mit den Schultern. „Mir ist ja auch noch nie jemand auf die Schliche gekommen.“ Sie blickte zu Dante auf und grinste amüsiert, woraufhin er nur seufzte. „Wie kommst du überhaupt auf die Idee, mich zu beschuldigen?“

„Das war eigentlich nicht meine Absicht. Ich wollte nur deine Meinung dazu hören.“ Er nahm ihr die Zeitung aus der Hand, wobei er riskierte, von Lariza mit mehr Schaum angespritzt zu werden. Er sah streng auf sie herab, ehe er fortfuhr. „Es ist ein neuer Job.“

„Klingt beinahe zu gewöhnlich für dich“, antwortete Lariza, nun wieder in gelangweiltem Ton. 

Dante schüttelte den Kopf. „Erinnerst du dich an das, was Gideon und Finja erzählt haben?“

Lariza zählte eins und eins zusammen und fluchte leise. „Doch nicht etwa verdammte Kultisten?“ 

Dante nickte.  „Wer sonst hält es für eine großartige Idee, Jungfrauen zu entführen?“

„Und du denkst, dass das neue Anhänger deiner Mutter sind?“ Lariza ließ sich tiefer ins Wasser sinken und starrte enerviert auf den weißen Schaum, der sie umgab.

„Von ihr oder einem anderen hochrangigen Dämon. Das behauptet zumindest Noah.“ Er zuckte mit den Schultern. „Da die staatliche Gewalt, wie du so schön gesagt hast, vollkommen nutzlos ist, wurde ich kontaktiert.“ Er musterte Larizas Ausdruck sehr genau. „Ein verzweifelter Vater, dessen Tochter ich aus ihren Fängen befreien soll.“

„Und wieso erzählst du mir das alles?“

Dante grinste. „Weil der Kult Jungfrauen entführt.“ 

Lariza sah ihn mitleidig an, davon überzeugt, dass es endlich so weit war und er einen Schlag zu viel auf den Kopf bekommen hatte. „Da bist du bei mir an der falschen Adresse.“

„Aber du bist doch eine junge Frau, oder? Zumindest rein äußerlich.“ Er deutete auf die unteren Regionen ihres Körpers im Badewasser. „Außer, es ist da unten etwas passiert, von dem ich bis jetzt nichts mitbekommen habe. Hannahs Rache oder so etwas.“

Lariza zog eine Augenbraue hoch. „Mach dich nicht lächerlich.“ Sie seufzte und lehnte sich auf den Rand der Wanne, wobei sie ihren Kopf auf die verschränkten Arme stützte. „Also, worauf willst du hinaus? Rück endlich raus mit der Sprache.“

„Du könntest sehr unproblematisch in den Kult eindringen und das Mädchen in Sicherheit bringen. Es wäre nur eine kleine Aufgabe für dich – ich würde den Rest erledigen und den ganzen Zirkus zerschlagen.“

„Nein.“ Lariza streckte sich ausgiebig. 

„Mit welcher Begründung?“, erkundigte Dante sich, der nicht gewillt war, so einfach aufzugeben. 

„Ich mag das Wort ‚Aufgabe‘ nicht. Es klingt nach Arbeit und Verantwortung.“ Sie angelte nach ihrem Handtuch, das neben der Wanne hing.

„Shortcake, du bekommst die amüsanteste Rolle des ganzen Plans. Du kannst dich als junge, sterbliche Frau ausgeben, eine geheime Gesellschaft naiver Menschen infiltrieren und so viele Kultisten in den Wahnsinn treiben, wie du möchtest.“

Wasser perlte von Larizas Haut, als sie aufstand und ihn mit einem zuckersüßen Grinsen bedachte. „Wenn du es so ausdrückst.“ Sie deutete an sich herunter und lachte leise, während sie sich in ihr Handtuch wickelte. „Außerdem ist alles noch da, wo es hingehört. Ich bin perfekt für den Job.“ 

Matthew und ich haben uns vor ein paar Jahren getroffen“, fing er an und beobachtete die junge Dämonin dabei, wie sie die Tassen auseinander stapelte und ihnen gewissenhaft einschenkte. Dampf stieg vom Porzellan auf, nicht eine der Tassen passte zur anderen. Es war auch nicht sehr verwunderlich. In diesem Haushalt gingen am laufenden Band Dinge zu Bruch.

„Es gibt einen Ort, Finja. Einen Ort, an dem Wissen gesammelt wird. Ich habe in meiner Zeit bei Victor …“, Damien unterbrach sich, blickte auf seine Hände hinab. „In Inferno habe ich immer wieder mal davon gehört.“

Finja schwieg. Ihr war bewusst, wie schwer es Damien immer noch fiel, über seine Jugend zu reden. Sie wartete geduldig, dass er von sich aus weitersprach. 

„Eine Dämonin hat ihn gegründet. Eine aus ihren eigenen Reihen, eine von denen, die den Obrigkeiten ein Dorn im Auge war, so wie Damnatio, oder Lariza. Bevor sie die Niederschriften der Geschichten derer, die eigentlich in Vergessenheit geraten sollten, vernichten konnten, raffte sie all die Kodizes, die sie tragen konnte, aus den Archiven in Nishas Palast zusammen und floh durch ein Portal.“

Gedankenverloren zupfte Damien am Ärmel seines schwarzen Shirts, als er seine Erinnerungen heraufbeschwor. „Dieser Ort, den sie geschaffen hat, nennen wir ihn aus Ermangelung einer besseren Bezeichnung ein Archiv oder eine Bibliothek, liegt aus gutem Grund etwas abgelegen.“

„Und kein Dämon kam bis jetzt auf die Idee, sie trotzdem zur Rechenschaft zu ziehen?“, erkundigte Gideon sich ungläubig.

Damien hob den Kopf und musterte seinen Cousin einen Moment, seine Augenbrauen zusammengezogen in mildem Ärger darüber, dass Gideon seine Erzählung unterbrochen hatte. 

„Nein, dazu wären sie nicht in der Lage. Ninive ist nicht allein und sie ist zu gerissen. Niemand weiß, dass sie es war, die die Schriften in Sicherheit gebracht hat. Ich habe sogar gehört, dass sie unter einem anderen Namen immer noch gelegentlich im Palast arbeitet. Ihre Bibliothek ist ein sicherer Ort, der nur der Sammlung und Bewahrung von Wissen dient. Sicher, solange sie ihre Mauern nicht verlässt. 

Sie kann deswegen auch etwas unwirsch und misstrauisch gegenüber Fremden sein, was meiner Meinung nach in ihrer Situation nur natürlich ist. Ich wäre nicht anders. Aber als ich dort auftauchte und ihr mein Anliegen vortrug, wies sie mich nicht ab. Sie wusste, wer ich bin. Sie hatte von mir gehört.

Ninive verschloss das massive, magisch verstärkte Tor hinter mir und bedeutete mir, mit einer ungeduldigen Handbewegung ihr zu folgen. Sie gab mir kaum ausreichend Zeit, mich in der Halle umzusehen, aber dafür hatte ich später noch ausreichend Gelegenheit. 

Der Eingangsbereich galt nur der Tarnung. 

Sie führte mich in die eigentliche Bibliothek – und was für eine Bibliothek das war. Eine dichte Atmosphäre, ein Hauch von Geheimnis in der Luft, während die alten Bücher in den Regalen leise flüsterten und mich mit ihren Jahrhunderte alten Geschichten einzuwickeln versuchten. 

Das gedämpfte Licht der antiken Kronleuchter warf unheimliche Schatten auf die dunklen Holzvertäfelungen der Wände.

Ich konnte meine Aufregung vor Ninive nicht verstecken und der Stolz, mit dem dieser Ort und ihre Aufgabe sie erfüllten, war in ihrem Lächeln erkennbar. 

Sie machte eine ausholende Bewegung, die den ganzen Raum einschloss. 

„Und das ist noch längst nicht alles“, erklärte sie mir mit einem Grinsen. 

Natürlich, dachte ich mir, immerhin hatte sie Jahrhunderte Zeit gehabt, zusammenzutragen, was sie finden konnte. Und was irgendwann vernichtet worden war, schrieb sie aus ihrem eigenen Gedächtnis nieder, suchte nach Quellen, sprach mit anderen Dämonen, auch wenn es verboten war, die wahren Namen der Verdammten, wie etwa Damnatio einer ist, aufzuzeichnen. 

Sie versprach mir ihre Hilfe, würde mir all ihr Wissen zur Verfügung stellen, doch sie verlangte eine Gegenleistung.“ 

Er zögerte, griff nach der Tasse Tee, die Finja vor ihm abgestellt hatte, ohne jedoch zu trinken. 

„Was hat sie von dir verlangt, Damien?“, hakte die junge Dämonin nach, als er nicht weitersprach. 

Er hob den Blick, schenkte ihr ein sachtes Lächeln. „Meine Geschichte.“

Ein amüsiertes Funkeln trat in seine eisgrauen Augen, als er die Verwirrung beobachtete, die sich auf Finjas Zügen breit machte. 

„Ein kleiner Preis, für all das, was sie mir geben konnte, findest du nicht?“

Er nahm nun doch einen Schluck, stellte die Tasse wieder vor sich ab. 

„Sie konnte mir Danya zurückgeben. Nun, nicht direkt, aber wenn es einen Weg gab, dann würde ich ihn in einem der alten Werke finden können, sagte sie. Und natürlich willigte ich ein. Noch an diesem Abend, auf einer abgenutzten Ledercouch, erzählte ich ihr alles. Von meinem Vater, von Victor, von Lariza, von Damnatio – und von Danya. 

Vielleicht konnte ich es in dem Moment, weil ich einen Sinn darin sah; weil ich wusste, dass ich direkt davon profitieren würde. Und ich kann nicht leugnen, dass es auch befreiend war, all das, was geschehen ist, nochmal Revue passieren zu lassen und zum ersten Mal in Worte zu fassen. 

Und sie sagte nichts. Als ich fertig war, stand sie wortlos auf, bedeutete mir, ihr zu folgen und brachte mich in einen Raum, der mit einer schweren Türe gesichert war. 

„Hier drin“, sagte sie verschwörerisch, „findest du alles, was du wissen musst.“ 

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